Wer mit seinem Kind ein Familienbett teilt, kennt das wahrscheinlich: Im Tiefschlaf bekommt man plötzlich Füsse ins Gesicht. Kleine Kinder können nachts - schlafend! - extrem viel zappeln und damit ihre Mitschläfer um deren Schlaf berauben. Leider wird dann immer noch häufig empfohlen – zum Schutze des Elternschlafs – die Kinder auszuquartieren. Das ist in meinen Augen leider keine gute Empfehlung, da ja so die Gründe fürs Zappeln nicht behoben werden. Niemand zappelt absichtlich im Schlaf. Und Kinder wollen uns damit auch nicht tyrannisieren – nein, ihr Körper reagiert auf ein Unwohlsein und versucht vielmehr dieses Unwohlsein mit einer gesteigerten Motorik zu beheben. Um dir und deinem Kind zu einem besseren Babyschlaf zu verhelfen, möchte ich dir mit meinen Hebammentipps zur Seite stehen.
Die häufigsten Gründe für nächtliches Zappeln sind:
Nasse Windel / Unterhose: Ist einfach unangenehm. Auch Kinder, die tagsüber völlig unbemerkt in die Windel pieseln, können in der Nacht darauf reagieren. Tagsüber gibt es viele Ablenkungen, in der Nacht aber reagiert vor allem der Körper. Und der mag nun einmal nicht nass werden. Mein Tipp: Dafür sorgen, dass das Kind tagsüber genügend trinkt (viele Kinder holen das abends nach und dann müssen sie natürlich nachts viel pieseln). Und gerne vor dem Schlafengehen nochmal Pipi machen lassen - das geht ab jedem Alter, solange es eine liebevolles Angebot ist und sich an den Prinzipien von Windelfrei / elimination communication orientiert.Gerne ans Bett 1-2 Windeln legen, sodass man nachts einfach schnell die nasse Windel wechseln kann.
Volle Blase: Auch bei Kindern, die tagsüber in die Windel machen, setzt nachts ein Körperprogramm ein, dass uns Menschen früher vor dem nächtlichen Einnässen schützen sollte: Bei einer vollen Blase wird der Schlaf leichter, so dass man sich vom Lager erheben und die Blase entleeren kann. Wenn die Kinder noch klein sind, soll – das ist jetzt meine Interpretation – das Zappeln den nächstgelegenen Erwachsenen darauf aufmerksam machen, dass das Kind Hilfe beim Abhalten braucht. Das Zappeln ist also ein Signal für: Ich muss mal Pipi – bitte hilf mir. Bei Kindern, die „windelfrei“ aufwachsen, bleibt diese Körperreaktion erhalten. Bei Kindern, die immer eine Windel tragen (und diese auch benutzen), verebt dies in der Regel nach einiger Zeit, bei manchen bleibt das Zappeln aber weiterhin bestehen.Was also tun? Das Kind einfach mal abhalten und schauen, was passiert. Manche Kinder schlafen sofort danach wieder ein, andere werden erst durch das Abhalten richtig wach. Was für dein Kind in genau dieser Lebensphase passt, musst du einfach selbst herausfinden. Kleiner Tipp: Einfach direkt vor dem Schlafengehen nochmal Pipi machen lassen. Dann ist die Blase schon mal leer.Wir haben für uns herausgefunden, dass das Zappeln bei voller Blase ein anderes ist als das Zappeln, das ein anderes Bedürfnis kommuniziert. Auch hier gilt: Die Eltern kennen ihr Kind am Besten!
Zu kalt / zu warm: Nachts, gerade dann, wenn wir uns im Tiefschlaf befinden, sinkt die Körpertemperatur ab. Zusätzlich sinkt auch die Umgebungstemperatur ab. So kann es sein, dass das Kind vor Kälte zappelt. Auch das Gegenteil ist denkbar – das Kind ist zu warm angezogen. Bei kleinen Babys testet man zwischen den Schulterblättern die „Rumpftemperatur“ - ich bin jedoch dazu übergegangen, auch die Extremitäten und den Kopf zu befühlen, um einschätzen zu können, ob das Kind richtig angezogen ist.Unser Kind z.B. kann nur ruhig schlafen, wenn die Extremitäten kühler sind als der Rumpf, weshalb sich ein Mix aus Wollkleidung und umgenähtem Schlafsack bewährt hat - da unser Kind weder Decke noch Schlafsack an den Füssen duldet, habe ich den Schlafsack unten geöffnet und mit einem Druckknopf versehen. Das hat einige Versuche gekostet, zum Schluss haben wir aber dann eine Lösung gefunden.Ich empfehle bei kälteren Temperaturen unbedingt einen langärmeligen Schlafsack zu verwenden.Nicht zu unterschätzen sind übrigens auch sog. Kältebrücken - also Orte, an denen sich die Kälte hinein schleichen kann. Wer z.B. einen Schlafsack mit Füßchen benutzt, sollte gerade an den Bündchen testen, ob die Beine warm genug sind. Falls es dort zu kalt ist, kann man mit Woll-Stulpen die Stelle überbrücken und für eine gleichmäßige Wärme sorgen.Gerade das Frieren kann für viel Verwirrung sorgen. Denn oftmals brauchen die Kinder lange, bis sie wieder richtig aufgewärmt sind. Das heißt, dass sämtliche Maßnahmen erstmal erfolglos bleiben - eben weil der Körper noch friert. Und weiter zappelt.Oftmals strampeln die Kinder die Decke weg, die sie eigentlich wärmen würde. Das kann verwirrend und frustrierend zugleich sein.Ist das Kind in der Zwischenzeit aufgewacht, kann die Kälte dazu führen, dass das Einschlafen schwer fällt. Was kann man tun?Auf jeden Fall: Mehr anziehen. Wenn dem Kind aber schon mal zu kalt ist, braucht es oft noch mehr. Wir stillen und kuscheln, oftmals auch in aufrechter Position, weil liegend nur gestrampelt wird. Das ist natürlich kraftraubend, lohnt sich aber in der Regel und alle können wieder ruhig schlafen. Ziel ist es natürlich, dass das Kind richtig angezogen ist und so gut durch die Nacht kommt.Bitte beachte, dass es um die richtige Temperatur geht. Deinem Kind kann auch zu warm sein. Eine Überhitzung ist unbedingt zu vermeiden, da sie zum plötzlichen Kindstod führen kann.
Hitzestau durch Plastik in der Kleidung: Es gibt Menschen, die vertragen keine Plastikfasern. Plastik in der Kleidung kann zu HItzestau führen, was besonders in der Nacht dazu führt, dass es einfach zu warm ist - schwitzen ist die Folge.
Zu viel Co2 in der Luft. Je mehr Sauerstoff in der Luft vorhanden ist, desto tiefer ist der Kinderschlaf. Gerade Kinder, die mit den Eltern in einem Zimmer schlafen (solange keine Ausschlußkriterien, wie z.B. Rauchen vorliegen), profitieren davon, denn das Co2, das die Eltern ausatmen, sorgt dafür, dass die Kinder nicht zu tief schlafen. Ein Kind, was zu tief schläft, hat ein erhöhtes Risiko für den plötzlichen Kindstod. Allerdings kann ein hoher Co2-Wert auch dazu führen, dass das Kind nicht tief genug schläft und regelmäßig aufwacht. Wenn das der Fall ist, kann es z.B. manchmal schon hilfreich sein, die Schlafzimmertüre in der Nacht offen zu lassen.
Nase verstopft: Ist die Luft zu trocken, kann die Nase verkleben. Das Atmen fällt dann schwer und kann zu Unruhe im Schlaf führen. Oder das Kind kann einfach Schnupfen haben. Bei verstopfter Nase haben sich Schnupfenbalsams, z.B. der Engelwurzbalsam von der Bahnhofsapotheke bewährt. (Rechtlicher Hinweis: Bitte Rücksprache mit der betreuenden Hebamme / Kinderärztin, -arzt / Apotheker:in halten, da ich keine Haftung für meine Empfehlung übernehme. Meine Empfehlung basiert auf persönlicher Erfahrung. Ich erhalte keinerlei Vorzüge oder finanzielle Gegenleistung durch meine Empfehlung.) Generell ist es immer hilfreich, die Lufttemperatur etwas anzuheben, besonders dann, wenn die verstopfte Nase chronisch vorhanden ist. Dann kann ein guter Luftbefeuchter die Lösung sein.
Schmerzen: Gerade wenn die Zähne schieben oder etwas anderes weh tut, kann dies nachts zu Unruhe führen. Geht uns ja auch nicht anders. Wenn dein Kind circa ein halbes Jahr alt ist, schieben meistens die Zähne, besonders nachts. Zähne schmerzen meiner Erfahrung nach lange, bevor sie sichtbar sind. Wenn dein Kind tagsüber quengelig ist, sich die Finger oder anderes in den Mund steckt, unreichend (oder einfach anders als normalerweise) trinkt, dann spricht das fürs Zahnen.
Voller Bauch: Wenn der Darm zu voll ist, führt das zu einer Art Stau im Bauchraum. Es herrscht wenig Platz und die Blase fühlt sich schneller voll an (siehe oben).
Leerer Bauch: Wer kennt das nicht? Beim Abendessen war das Kind schon zu müde und wollte einfach nichts mehr essen. Wer nachts Hunger hat, wird wach - ein Schutzprogramm der Evolution, um dafür zu sorgen, dass wir auf unseren Kalorienhaushalt achten. Wer dann noch nachts zum Stillen kommen darf, hat richtig viel Glück! Was noch besser ist: Dafür zu sorgen, dass das Kind genügend zu Abend isst. Manchmal hilft es das Abendessen zeitlich früher anzusetzen und/ oder nach Bedarf noch ein Betthupferl zu geben. Am Besten Low Carb, damit der Blutzuckerspiegel nachts stabil bleibt und kein Hungergefühl aufkommt.
Gestörtes Meridiansystem. Ein Blick auf die Organuhr kann Aufschluss darüber geben, welche Meridianbahnen gestört sind. So ist z.B. beim nächtlichen Erwachen zwischen 1:00-3:00 Uhr nachts der Lebermeridian betroffen. Meridiane kann man sanft streichelnd abfahren, wichtig ist dabei, dass man die richtige Richtung einhält. Einige wenige Male genügen - oft kommunizieren die Kinder von ganz alleine, ob sie genug haben oder mehr wollen. Lässt sich gut ins Abendritual einbauen.
Die Liste ist keineswegs vollständig, dürfte aber die häufigsten Ursachen für das nächtliche Zappeln aufzeigen. Es ist auch immer eine Kombination von Ursachen denkbar - zum Beispiel Harndrang und Frieren.
Bitte denk daran:
Kinder, die nachts zappeln, schlafen nicht gut!Das bedeutet, dass ihr Nervenkostüm (und auch das der Eltern) am nächsten Tag angeschlagen ist und sie besonders bedürftig sind. Kein Kind bringt sich und seine Eltern absichtlich um lebenswichtigen Schlaf. Gerade deshalb ist es wichtig, dass wir unsere Kinder damit nicht alleine lassen, uns um die Ursachenforschung bemühen und sowohl dem Kind als auch uns zu einem erholsamen Schlaf verhelfen.
In diesem Sinne - schlaft gut!
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